Angefahrene Zapfsäule mit beschädigter Dieseleinheit
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Alles, was Du jetzt wissen musst

Vom Skandal zum Fahrverbot - Alle Diesel-Infos!

Alles, was du zum Thema Diesel wissen musst

Das ist derzeit mit dem Diesel los

Aus dem Diesel-Skandal ist mittlerweile längst eine ernste Krise für die gesamte Autoindustrie geworden. Und aus ihr ein fast allgegenwärtiges Politikum. Es stand bald auch der Verdacht im Raum, dass die fünf führenden deutschen Hersteller (Audi, BMW, Daimler, Porsche, VW) ein Kartell gebildet und illegale Absprachen zulasten der Autokäufer getroffen haben. Am 2. August 2017 fand deshalb der Diesel-Gipfel statt, um bei diesem Thema endlich den roten Bereich verlassen zu können. Seitdem hat sich die Lage zusätzlich verschärft. Das Bundesverwaltungsgericht hat nun jüngst sein Urteil gefällt: Dieselfahrverbote sind rechtens und daher auf der Ebene von Städten und Kommunen durchführbar. Wie geht es weiter? Das weiß wohl keiner so recht, da fast täglich neue Meldungen eintreffen. Wir von Driven! haben trotzdem versucht, die wichtigsten Fragen um das heiße Thema zu bündeln und zu klären.

"Dieselgate“: Die Ursache(n) der heutigen Misere

In Anlehnung an die Watergate-Affäre der 1970er Jahre findet man die Aufdeckung der systematisch betriebenen Dieselmanipulationen und deren Auswüchse oftmals mit dem Begriff "Dieselgate" umschrieben. Der Vergleich hinkt nicht unbedingt, handelt es sich dabei wohl um einen ganzen Komplex von illegalen oder zumindest halblegalen Aktionen, aus der die heutige Zwangslage hervorgegangen ist.

Dieselfahrzeuge stünden gewiss deutlich besser da, wenn es nicht einen so dreisten, offenkundigen Betrug gegeben hätte: Man manipulierte die Abgaswerte auf dem Prüfstand, weil man offenbar nicht in der Lage oder willens war, die Grenzwerte (sprich: Gesetze) auch tatsächlich einzuhalten. Dies flog aber im September 2015 auf, als die US-amerikanische Umweltbehörde EPA öffentlich Vorwürfe gegenüber VW erhob. Seitdem ist die Karre am Dampfen.

Die Abgasmanipulation mit der "Schummelsoftware"

Sich einfach an die Regeln (in den USA) zu halten, war manchem wohl zu teuer. Technische Tricksereien waren möglich. Und nach irgendeiner kruden Logik schien das, was möglich ist, auch erlaubt zu sein. Ein Wahngebäude der Selbstgerechtigkeit. Es würde nicht Wunder nehmen, wenn sich dabei noch das Kredo verselbständigt hätte: "Was wir tun, machen doch andere genau so!" Das ist zwar spekulativ, dürfte aber der Wahrheit schon recht nahe kommen. Wie anders könnte man sich die berüchtigte "Schummelsoftware" sonst erklären, die zum Einsatz kam, um nicht nur den Prüfstand, sondern auch die eigenen Kunden hinter's Licht zu führen. Die damaligen VW-Ingenieure waren - wohl auch wegen des von oben verordneten Kostendrucks – nicht in der Lage, die Grenzwerte bei Stickoxiden ohne Weiteres einhalten. Eine billige Lösung musste her. Das Ergebnis ist bekannt. Und ein Fazit ist unleugbar: Man hat versucht, sich dadurch seinen Status als Klassenprimus unter den internationalen Autobauern zu erschummeln.

Die Motorsteuerungssoftware wurde so programmiert, dass sie erkannte, wann das Auto auf dem Prüfstand stand. In dieser Prüfungssituation, in der die Offiziellen genau hinschauten und testeten, ob der Wagen die Werte einhielt oder nicht, hielt der Wagen die Werte ein. Um die Vergleichbarkeit zwischen verschiedenen getesteten Autos gewährleisten zu können, drückte kein Mensch aufs Gaspedal, sondern ein von der Schummel-Software gesteuerter Roboter, der das bei jedem Test exakt gleich dosierte. Dadurch und durch die Stellung der Vorderräder, die auf dem Prüfstand nicht gelenkt werden, „wusste“ die Software, dass sie auf dem Prüfstand war und "regelte" die Abgasreinigung auf die höchste Stufe. Im realen Fahrbetrieb wurde die Reinigung aber ausgeschaltet. Das ist Betrug. Deswegen ging die US-Umweltbehörde EPA dagegen vor.

Was ist zwischenzeitlich beim Diesel-Skandal passiert?

12,7% weniger Diesel fanden im Juli 2017 im Vergleich zum Vorjahresmonat einen Käufer. Damit lag der Anteil nur noch bei historisch niedrigen 40,5%.

Die Ereignisse überschlagen sich: Das Verwaltungsgericht Stuttgart erlässt zunächst ein Fahrverbot ab dem 1. Januar 2018. Das Gericht entscheidet, dass auch eine Nachrüstung durch ein Softwareupdate nicht ausreicht, um die Luftqualität schnell und entscheidend zu verbessern, sondern dass nur ein Fahrverbot die Luft verbessern kann. Die Autoindustrie behauptet später beim Dieselgipfel, Software-Updates reichten aus. Das Urteil war noch nicht rechtskräftig und landet schließlich vor dem Bundesverwaltungsgericht, das am 27.2.2018 dann das Urteil bestätigt.

Am 21. Juli 2017 wird zudem bekannt, dass die fünf großen deutschen Hersteller Audi, BMW, Daimler, Porsche und VW im Verdacht stehen, ein Kartell gegründet zu haben. Später wird enthüllt, dass Daimler schon 2014 bei der EU eine Selbstanzeige eingereicht hat. VW erst im Juli 2016. Den Herstellern droht eine Klagewelle mit zehntausenden Verfahren, wenn Kunden durch illegale (Preis-)Absprachen geschädigt wurden. Außerdem drohen Kartellstrafen in Milliardenhöhe.

Auch die Luxusmarke Porsche wird rausgewunken. Das Kraftfahrtbundesamt verdonnert Porsche am 27. Juli 2017 dazu, 22.000 Cayenne mit drei Liter V6 Dieselmotor der Euro 6-Diesel-Norm zurückzurufen, weil auch dort eine Abschalteinrichtung entdeckt wurde.

Im Getriebe der Autobauer beginnt es langsam zu quietschen: In den USA rollt im Oktober 2017 eine Welle von Sammelklagen auf den Volkswagen-Konzern, Daimler und BMW zu. Die Verhandlung führt ein Gericht in der US-amerikanischen Stadt San Francisco.

28. Januar 2018: Einen weiteren markanten Tiefpunkt in der tragischen Chronologie des Diesel-Skandals stellt die Aufdeckung von Tierversuche an Affen dar, die im Auftrag diverser deutscher Autobauer in den USA von einer Tochtergesellschaft durchgeführt wurden. Kritiker sahen darin vor allem den mehr oder weniger verzweifelten Versuch der Autoindustrie, die Gesundheitsgefahren von Dieselabgasen durch zielgerichtete und dadurch in ihrem Urteil befangene Gegenbefunde zu relativieren oder gar zu verschleiern.

Was waren die Ergebnisse des „Diesel-Gipfels“ 2017?

Das große Ziel aller Beteiligten war es, Fahrverbote zu verhindern. Am 2. August 2017 fand daher das Nationale Forum Diesel, vulgo: „Dieselgipfel“, unter Beteiligung der deutschen Bundesregierung und der deutschen Automobilindustrie statt.

Geeinigt hatte man sich darauf, Dieselfahrzeuge mit Euro 4 und schlechter möglichst bald aus dem Verkehr zu ziehen, mit dem Ziel, den Schadstoffausstoß massiv einzuschränken. Das heißt aber auch:  Altes Auto gegen neues! Dafür bieten die Hersteller aktuell immer noch verschiedene Wechsel-, bzw. Neuwagenkaufprämien an, vorwiegend unter den Begriffen "Diesel-Prämie" oder "Umweltprämie" bekannt.  Auf der Pole Position stand hier Ford, wo man schon vor dem Dieselgipfel angekündigt hatte, bis zu 8.000 € Umtauschprämie für alte Diesel vor Erstzulassung 2006 zu bezahlen. BMW zog nach. VW ebenfalls. Dazu noch das Who is Who der internationalen Automobilhersteller.

27.02.2018 - Diesel-Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

Dann der Paukenschlag: Das Bundesverwaltungsgericht hat in seiner Stellung als oberster Gerichtshof des Bundes am 27. Februar 2018 über die Revisionsklagen der Länder Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen entschieden. Es erklärte damit Fahrverbote in Städten für zulässig, in denen die Grenzwerte für Stickoxide dauerhaft überschritten werden. Dabei gilt das Prinzip der Verhältnismäßigkeit, nach dem Motto: Es wird erst gehandelt, wenn es nicht mehr anders geht! Eben dafür ist der Weg nun frei.

Zwar bekräftigte das Bundesumweltministerium erneut die Absicht, trotz dem Urteil alles daranzusetzen, um Fahrverbote zu vermeiden. Ob die dafür in Betracht kommenden Maßnahmen zur Reduzierung der Schadstoffbelastung letzten Endes greifen, und – vor allem – wie diese konkret aussehen (z.B.: "Blaue Plakette"), darüber herrschen noch weitgehend Uneinigkeit oder zumindest Restzweifel.

Stichwort: Stickoxide

Stickoxide, chemisch abgekürzt mit NOx, also Stickstoff-Sauerstoffverbindungen, sind im Moment das Hauptproblem bei Diesel-Autos. Sie sind giftig und führen zu Atemwegsreizungen, saurem Regen, Ozonbildung und Smog. Vor allem NO2 greift die Schleimhäute und Atemwege an. Deshalb gilt hier der Grenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter (µg / m³) Luft. Dieser wurde 2017 mancherorts um beinahe das Doppelte überschritten. Es gibt verschiedenste Orte für Messstationen, aber alle Überschreitungen traten laut Umweltbundesamt an verkehrsnahen Stationen auf. Die Ursache lässt sich also sehr klar feststellen, Ausreden zählen nicht. Diesel-Fahrzeuge machen in der Stadt über 60 Prozent der Stickstoffoxidemissionen des Verkehrs aus, so das Umweltbundesamt.

Stickstoffdioxide - Welche Grenzwerte gibt es im Straßenverkehr?

Oft wird allgemein bloß von "dem Grenzwert" gesprochen. Es gibt aber zwei. Einen für den Abgasausstoß des Autos (= "Was aus dem Auspuff kommt"), einen weiteren in direktem Bezug auf die vorherrschenden Konzentrationen in der Umwelt (= "Was man unabsichtlich einatmet") . Um die Euro 5 einzuhalten, darf ein Auto höchstens 180 Milligramm (mg) / km an Stickstoffdioxiden ausstoßen, für Euro 6 gelten 80 mg / km. In der Umwelt darf ein Höchstwert von 40 Mikrogramm (µg) pro Kubikmeter Luft im Jahresmittel nicht überschritten werden.

Schadstoffe in den Städten - Ein Überblick

Als die wichtigsten Luftschadstoffe gelten:

  • Ammoniak
  • Benzol
  • Flüchtige organische Verbindungen ohne Methan (NMVOC)
  • Kohlenstoffmonoxid
  • Ozon
  • Persistente (= langlebige) organische Schadstoffe (POP, z.B.: Dioxine, gewisse Insektizide)
  • Schwefeldioxid
  • Schwermetalle (z.B.: Blei)
  • Staub
  • Stickoxide

Die gute Nachricht ist, dass sich die Stickstoffdioxidbelastung seit 1990 um 57% reduziert hat. Allerdings spricht das Umweltbundesamt immer noch von zu hohen Belastungen für die Gesundheit der Menschen. Feinstaub ist angeblich auch nicht mehr so viel in der Luft. Allerdings gibt es laut der Weltgesundheitsorganisation WHO für Feinstaub keine Wirkungsschwelle. Es können also theoretisch bereits die ersten eingeatmeten Feinstaubpartikel gesundheitsschädlich sein. Auch die Ozonbelastung ist immer noch hoch. Ozon führt zu Schädigungen der Atemwege, man kann daran ersticken. Für die Bildung des gefährlichen Ozons in der Atemluft (= Ozonsmog) sind wiederum die Stickoxide mitverantwortlich. Die Grenzwerte für Schwefeldioxid, Kohlenmonoxid, Benzol und Blei werden seit Jahren nicht mehr überschritten. Dieses Ziel will man für Feinstaub und Stickstoffdioxid auch erreichen.

Wie und wann kommen Fahrverbote?

Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts macht es den Kommunen möglich, einzelne Dieselfahrzeuge nicht mehr am Verkehr teilnehmen zu lassen. Allerdings sind Übergangsfristen und eine phasenweise Einführung von Fahrverboten im Urteil vorgesehen. So werden wohl in Stuttgart Fahrverbote für Euro-5-Fahrzeuge nicht vor dem 1. September 2019 durchführbar sein. Ausnahmeregelungen für einzelne Branchen wie etwa dem Handwerk stehen außerdem im Raum.

Dabei ist zur Euro Norm-5 generell zu sagen, dass dieser Standard zwar als sauberer gilt und daher nicht von unmittelbaren Fahrverboten betroffen sein wird. Auf den näheren Blick hin entpuppt sich das aber eher als Augenwischerei, sobald man sich die nackten Zahlen und deren Verhältnisse genauer ansieht: Etwa 5,9 Millionen Dieselfahrzeuge besitzen die Abgasnorm Euro 5, worauf nur 3,4 Millionen Fahrzeuge mit Euro-4-Motoren kommen. Oder kurz gefasst: Die Menge macht's! So zumindest argumentieren verschiedene Skeptiker der momentanen Lösungswege.

Die Durchsetzung des Dieselfahrverbots bleibt generell den jeweiligen Städten und Gemeinden überlassen. Salopp gesagt: Handeln nach Bedarf. Da es deshalb auch keine bundeseinheitliche Regelung geben wird, befürchten Kritiker bereits ein Wirrwarr an Sondervorschriften, Einzelauslegungen oder Ausnahmeregelungen wie zum Beispiel Tageszeitbegrenzungen - vor allem zum Leidwesen der Kraftfahrer.

In Hamburg wird schon in wenigen Wochen mit Diesel-Fahrverboten gerechnet. Der dortige Senat hat bereits derartige Maßnahmen für zwei Straßen beschlossen, die tatsächlich kurz vor der Umsetzung stehen. Damit wären die Hanseaten die ersten, die zu dieser Ultima Ratio greifen.

Welche Städte sind betroffen?

Experten sehen momentan Handlungsbedarf in folgenden Städten:

  • Aachen
  • Berlin
  • Bonn
  • Düsseldorf
  • Essen
  • Frankfurt am Main
  • Gelsenkirchen
  • Hamburg*
  • Köln
  • Limburg
  • Mainz
  • München
  • Reutlingen
  • Stuttgart

*) Wie oben bereits gesagt, steht Hamburg wohl schon kurz vor der Umsetzung von Diesel-Fahrverboten!

Welche Städte es demnächst noch erwischen könnte, wo Fahrverbote wahrscheinlich sind, lässt sich auch anhand der durch das Umweltbundesamt erhobenen Daten der Jahresmittelwerte bei Stickoxidbelastungen 2017 ableiten. Demnach hätten neben Hamburg oder Stuttgart zum Teil auch Städte wie Köln oder Kiel den geltenden Höchstwert von 40 Mikrogramm (µg) pro Kubikmeter Luft, auf das vergangene Gesamtjahr 2017 verrechnet, überschritten. Bremen, Kassel, Göttingen, Norderstedt oder Fulda lagen stellenweise hart an der Grenze.

Die „Blaue Plakette“ – eine Alternative?

Laut Bundesumweltministerium könnte zur Entschärfung der Situation die so genannte "Blauen Plakette" dienen. Das dahinter stehende Konzept sieht vor, das System um die bereits bestehenden Umweltzonen zu erweitern und über gewisse Bereiche ein Dieselfahrverbot zu verhängen. Einzige Ausnahmen wären dann Diesel-Fahrzeuge mit Euro-Schadstoffklasse 6. Da alle übrigen Diesel dann die entsprechenden Bereiche umfahren müssten, würde das im schlimmsten Fall bloß eine Verlagerung des Problems bedeuten! Die Ausweitung der Maßnahmen wäre nur eine Frage der Zeit, wodurch sicherlich nur noch mehr Chaos entstehen würde. Letzten Endes hat das Bundesverkehrsministerium ohnehin Einspruch gegen das vage Vorhaben eingelegt. Es lauert außerdem ein zweites wesentliches Problem: Denn Euro 6-Diesel werden zwar als an und für sich sauber eingestuft, doch kamen Tests unter den realen Bedingungen des Straßenverkehrs zu anderen, bedeutend höheren Emissionsergebnissen als die auf dem Rollenprüfstand (s. unten).

Bringt es etwas, jetzt auf ein Elektroauto umzusteigen?

Mit Blick auf die Umwelt kann man sagen, dass sich der Wechsel zu einem Hybrid- oder Elektroauto immer lohnt (sofern der Strom nicht aus Braunkohle kommt). Außerdem kann man eine (mittlerweile bereits verminderte) Förderprämie für ein reines Elektroauto von 3.000 € oder 2.000 € für einen Plugin-Hybrid mitnehmen. 

Andere Förderungen, wie zum Beispiel das Freigeben von Bus- oder Taxispuren für Elektro-Autos, wie es sie in anderen Ländern gibt, sind hierzulande aber nicht vorgesehen. Die Infrastruktur der Ladestationen im öffentlichen Raum ist außerdem immer noch relativ schwach ausgebaut - insbesondere außerhalb der Großstädte. Vor allem bei Überland-Touren kann das eventuell zum Problem werden. Dazu kommt das nach wie vor weit in der Bevölkerung verbreitete Misstrauen gegenüber der versprochenen wie der tatsächlichen Laufleistung und Reichweite von Elektrofahrzeugen. Im Allgemeinen wird dem fossilen Sprit immer noch eine höhere Wertigkeit beigemessen, was mehr mit dem Festhalten am Konventionellen und einem Verhalten der Risikovermeidung zu tun hat, als mit dem nachweisbaren Vorteilen des Treibstoffs. Der Mensch handelt halt nach seinen Gewohnheiten. Ihm ist bewährte Sicherheit wichtig - oder auf die Formel gebracht: Das Vertrauen in das Vertraute. Darum folglich auch der Schock über den Diesel. Erwartbar ist aber, dass die Elektromobilität in Zukunft eine deutlich größere Rolle spielen wird. Der Dieselskandal ist eindeutig ein Melienstein auf dem Weg dorthin. Aber auch anderen Antriebsarten wird durchaus das Potential zugetraut, in die Diesel-Lücke zu stoßen.

Hat der Dieselmotor noch eine Zukunft?

Unsere Einschätzung ist im Moment, dass die Zahl derjenigen, für die ein Diesel Sinn macht, kleiner wird. Das liegt auch am Weiterentwicklungspotenzial der Motoren. Der Diesel gilt als relativ ausentwickelt. Beim Benziner spricht man dagegen noch von einem Spriteinspar-Potential von 30% in näherer Zukunft. Allein dadurch wird der Vorteil, den der Diesel heute noch gegenüber dem Benziner hat, in Zukunft kleiner werden. 

Belastend für den Diesel wird in nächster Zeit auf jeden Fall die Unsicherheit bleiben. Da man nicht sicher weiß, in welcher Form Fahrverbote kommen und ob die Steuern auf den Kraftstoff stabil bleiben, kann man auch entsprechend schlechter planen.

Unser Tipp: Auch bei neuen Fahrzeugen genau darauf achten, welcher Grenzwert tatsächlich eingehalten wird und sich vorab genau darüber informieren. Dabei sollte man im Hinterkopf behalten, dass die Grenzwerte im Laufe der Zeit immer strenger werden.

Trotzdem gibt es auch klare Statements, die dem Dieselantrieb ein längerfristiges Potential zusprechen, vor allem im Rahmen eines Zukunftskonzepts, das auf einen vernünftigen Mix aus verschiedenen Antriebsformen baut. Mehr noch: Kurz vor Redaktionsschluss dieses Artikels meldete sich VW-Chef Matthias Müller zu Wort. Auf dem Genfer Autosalon sprach er sogar von einem großen Comeback des Dieselantriebs: "Ich glaube, dass der Diesel in absehbarer Zeit eine Renaissance erleben wird". Pfeifen im Walde? Wohl eher nicht! Mittlerweile mehren sich nämlich Expertenmeinungen auch aus dem Lager von Umweltorganisationen, die vor allem den Motoren der neuen Norm Euro 6d-Temp eine ziemlich gute Chance bescheinigen, den angeschlagenen, wenn nicht gar fast gänzlich ruinierten Ruf vom "Diesel-Stinker" grundlegend zu wiederherzustellen. So würde damit beispielsweise ein Peugeot 308 SW pro Kilometer lediglich 52 Milligramm Stickoxid pro Kilometer (mg/km) ausstoßen. Der ab 2020 gültige Grenzwert liegt dagegen bei weitaus höheren 120 mg/km. Autos mit Euro 6-Norm stehen dafür immer noch unter dem Verdacht, nicht das zu leisten, was die Plakette vermittelt. Jüngeren Angaben des deutschen Umweltbundesamts zufolge stießen sie im Schnitt 507 mg/km Stickoxide pro Kilometer aus. Das verstößt gegen die Regeln! Wie das? Um die Euro 6-Norm zu erfüllen, liegt der Emissions-Grenzwert auf dem Prüfstand ja bei den vorgeschriebenen 80 Milligramm. Doch die statischen Tests auf dem Rollenprüfstand können zu anderen Ergebnissen kommen als in der Realität des Straßenverkehrs. Dort würde sich die Abgasreinigung nämlich oft abschalten. 

Stichworte: SCR-Kat, "AdBlue" und Speicher-Katalysatoren

Dennoch zeichnen sich diverse Tendenzen in Richtung Öko-Effizienz beim Diesel ab. Auch der ADAC sieht deutliche Verbesserungen in der Diesel-Technik kommen. BMW setzt verstärkt auf den kombinierten Einsatz von Speicherkatalysatoren mit SCR-Katalysatoren. Beim SCR-Verfahren (= Selektive Katalytische Reduktion) handelt es sich um eine vielversprechende Technik, bei der mithilfe von Ammoniak in Form eines Trägermittels wie AdBlue® die Katalyse von Stickoxiden perfektioniert werden kann. Dabei entsteht der unschädliche elementare Stickstoff und schlichter Wasserdampf. Um bis zu 90 Prozent ließe sich dadurch der Stickoxid-Ausstoß reduzieren. 

Auch Volkswagen konzentriert sich nun verstärkt auf SCR-Systeme, wohingegen Honda leistungsfähigere Speicherkatalysatoren mit größerern Reaktionsoberflächen zum Einsatz bringen will. Der fade Beigeschmack: Erst jetzt, nach dem Diesel-Skandal und vor den drohenden Fahrverboten, kommunizierte die Autoindustrie unmissverständlich ihren Willen, mit SCR-System & Co. eine eindeutig nachhaltigere Umweltpolitik in ihren Reihen zu gestalten und damit eine grundlegende wie überzeugende Kehrtwende zu vollziehen. Ob das allgemeine öffentliche Vertrauen in den Diesel damit wiedergewonnen werden kann oder ob sich damit dennoch eher eine langfristige Ablehnungshaltung herausbilden wird, wird man erst im Lauf der kommenden Jahre bilanzieren können.

Gegenfrage: Welche Vorteile hat der Diesel generell?

Ab wann lohnt sich ein Diesel überhaupt noch? Nun, ein Auto mit Diesel zu fahren lohnt sich vor allem, wenn man viel Langstrecke fährt und im Jahr eine Mindestzahl an Kilometern abspult. Auf Kurzstrecken steigt der Verbrauch sehr stark an, weil der Dieselmotor dann nicht im optimalen Temperaturfenster arbeitet. Das ist deutlich höher und wird deshalb später erreicht als bei Benzinern, deswegen eignen sich diese besser dafür. Je nach Schätzung sollte man wegen der höheren KFZ-Steuer, höherer Anschaffungskosten und meist höherer Versicherungseinstufung mindestens 16.500 km oder gar 20.000 km pro Jahr fahren, um die höheren Kosten durch den auf Langstrecken geringeren Spritverbrauch wieder reinzufahren. Dass Diesel-Kraftstoff an der Tankstelle billiger ist, liegt an einer niedrigeren Besteuerung. Die ist nicht in Stein gemeißelt und es könnte durchaus sein, dass die Steuern hier angeglichen werden und dieser Vorteil dann verschwindet. 

Unser Tipp: Eine Möglichkeit, um das derzeit mit dem Diesel verbundene Risiko zu minimieren, ist, das Wunschauto zu leasen, anstatt es zu kaufen. Dann kann man es nach Ende der Laufzeit einfach zurückgeben, falls dann wirklich gar nichts mehr gehen sollte. Aber auch hier ist Vorisicht geboten: Bei Restwert-Verträgen muss der Leasing-Nehmer für den Wertverlust aufkommen - ein Kilometerleasing-Vertrag ist also zu bevorzugen. 

 

"Dieselprämie" & Co.: Was bieten die Hersteller den Kunden an? 

"Umweltprämie", "Diesel-Prämie", "Eintausch-Prämie": Es gibt eine Vielzahl an Begriffen, welche ein zentrales Ergebnis des des Diesel-Gipfels umkreisen. Es handelt sich dabei schlichtweg um ein befristetes Aktionsprogramm seitens der Autobauer, konkret: eine Palette von Rabattangeboten beim Neuwagenkauf, wenn dafür alte Dieselfahrzeuge der Euro-Norm 4 oder darunter aus dem Verkehr gezogen werden. Die Umweltprämie 2017 wurde großteils noch in das Jahr 2018 hinein verlängert und lockt mit Preisnachlässen von bis zu 10.000 Euro. 

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